Alpine Mountainbike-Touren fordern Körper und Material in besonderem Maße. Sie verbinden lange Anstiege mit technischen Abfahrten, wechselnden Untergründen, starkem Höhenprofil und oft unvorhersehbaren Wetterbedingungen. Um diesen Herausforderungen gewachsen zu sein, braucht es eine systematische und strukturierte Trainingsvorbereitung, die Kraft, Ausdauer, Koordination und Technik berücksichtigt. Besonders bei mehrtägigen Unternehmungen mit Gepäck spielt die Belastungsverträglichkeit eine entscheidende Rolle für Sicherheit und Leistungsfähigkeit im Gelände.

Trainingsstruktur und Periodisierung

Ein effektiver Trainingsplan für alpine Touren folgt dem Prinzip der Periodisierung. Dabei werden verschiedene Trainingsphasen systematisch aufeinander aufgebaut. Ziel ist es, die körperliche Belastbarkeit über einen definierten Zeitraum hinweg zu steigern und den Organismus optimal auf die Tourenanforderungen vorzubereiten.

Typische Phasenstruktur:

Phase Dauer Zielsetzung
Grundlagenphase 6–8 Wochen Entwicklung der aeroben Ausdauer
Aufbauphase 4–6 Wochen Steigerung der Intensität und Kraft
Spezifische Phase 3–4 Wochen Anpassung an alpine Anforderungen
Tapering 1–2 Wochen Reduktion des Umfangs zur Erholung

Der Trainingsplan ist an den individuellen Leistungsstand anzupassen. Ein leistungsdiagnostischer Ausgangstest kann helfen, realistische Zielwerte für Herzfrequenzbereiche, Wattzahlen oder Laktatschwellen zu definieren.

Ausdauertraining und Höhenadaption

Das Fundament jeder alpinen Tour ist die Grundlagenausdauer. Lange Anstiege in mittlerem Intensitätsbereich bei gleichzeitig hoher Trittfrequenz fordern das Herz-Kreislauf-System kontinuierlich. Dafür eignen sich ausgedehnte Einheiten im GA1-Bereich zwischen 60 und 75 Prozent der maximalen Herzfrequenz. Idealerweise werden diese Einheiten im Gelände oder auf Schotterstraßen gefahren, um auch muskulär typische Belastungen zu simulieren.

Für die Höhenadaption empfiehlt sich ein progressiver Aufbau. Längere Touren mit zunehmendem Höhenprofil ermöglichen eine schrittweise Annäherung an die hypoxischen Bedingungen. Bei fehlenden Möglichkeiten im alpinen Raum bieten Trainingseinheiten auf dem Ergometer mit Höhenmaske oder Aufenthalte in Höhenhotels eine Alternative, um die Sauerstoffaufnahmefähigkeit zu erhöhen.

Krafttraining für Unterkörper und Rumpfstabilität

Neben der Ausdauer spielt die Kraftausdauer der Beinmuskulatur eine zentrale Rolle. Lange Steigungen mit Gepäck fordern die Quadrizeps-, Gluteus- und Wadenmuskulatur dauerhaft. Gleichzeitig ist eine stabile Rumpfmuskulatur notwendig, um Druck auf dem Pedal in Vortrieb umzusetzen und die Haltung auf technisch anspruchsvollen Abfahrten zu kontrollieren.

Effektive Übungen:

  • Kniebeugen mit Gewicht
  • Ausfallschritte mit Rucksack
  • Kreuzheben mit mittlerem Gewicht
  • Bulgarian Split Squats
  • Planks, Sideplanks, Russian Twists

Zwei bis drei Einheiten pro Woche mit acht bis zwölf Wiederholungen in zwei bis vier Sätzen verbessern sowohl Maximalkraft als auch muskuläre Ausdauer. In der spezifischen Phase können Intervallserien mit kurzen Pausen eingebaut werden, um die Ermüdungsresistenz zu steigern.

Techniktraining im Gelände

Technische Fähigkeiten sind bei alpinen Touren von entscheidender Bedeutung. Enges Kurvenfahren, Bremsverhalten auf losem Untergrund, Gewichtsverlagerung in steilen Abfahrten oder präzises Linienfahren im Geröll erfordern koordinative Kompetenz und Handlungssicherheit.

Empfehlenswerte Inhalte für das Techniktraining:

  • Spitzkehren auf Singletrails
  • Bremsen mit Vorder- und Hinterrad getrennt
  • Bunny Hop und Drop-Technik
  • Gleichgewichtsübungen auf schmalem Untergrund
  • Trailscouting und Linienwahl bei wechselndem Terrain

Ein gezieltes Techniktraining sollte in der spezifischen Vorbereitungsphase mindestens einmal pro Woche eingeplant werden. Bei fehlenden lokalen Möglichkeiten bietet sich ein Fahrtechnikseminar in alpinem Gelände an, um unter Anleitung kritische Bewegungsabläufe zu verinnerlichen.

Belastungssimulation und Etappenplanung

Um sich an die Mehrtagesbelastung zu gewöhnen, ist eine progressive Belastungssimulation sinnvoll. Dies bedeutet, an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen Mountainbike-Einheiten mit ähnlicher Länge und Schwierigkeit zu absolvieren wie bei der geplanten Tour. Dadurch gewöhnt sich der Körper an die kumulierte Ermüdung und baut spezifische Belastungstoleranz auf.

Beispiel für ein 3-Tage-Trainingsblock:

Tag Strecke Höhenmeter Dauer Schwerpunkt
1 65 km Trailrunde 1.500 hm 4,5 h Grundlagenausdauer
2 40 km Technikrunde 1.200 hm 3 h Trailtechnik, Bergab
3 80 km Bergpass 2.000 hm 5–6 h Kraftausdauer, Tempo

Diese Simulation eignet sich auch zur Materialüberprüfung, insbesondere bei geplanten Etappen wie einer Alpenüberquerung mit dem Fahrrad. Packgewicht, Ergonomie des Setups, Druckverteilung der Taschen und Energieversorgung können unter realitätsnahen Bedingungen getestet und angepasst werden.

Regeneration und Belastungssteuerung

Eine strukturierte Trainingsplanung erfordert gezielte Regeneration. Muskelwachstum, Anpassung der Sehnenstrukturen und Verbesserung der metabolischen Prozesse erfolgen in Ruhephasen. Unzureichende Erholung führt zu Übertraining und erhöht das Verletzungsrisiko.

Effektive Maßnahmen zur Regeneration:

  • Aktive Erholung durch lockeres Radfahren oder Schwimmen
  • Mobilisation der Faszien mit Foamroller
  • Saunagänge und Kalt-Warm-Wechselbäder
  • Schlafdauer von mindestens sieben Stunden
  • Kohlenhydrathaltige Ernährung nach intensiven Einheiten

Die Trainingssteuerung erfolgt idealerweise mithilfe von Puls- oder Wattwerten, ergänzt durch subjektives Belastungsempfinden. So lässt sich das Training flexibel an den Tageszustand anpassen, ohne den strukturellen Rahmen zu verlassen. Bei konsequenter Umsetzung entsteht die körperliche und mentale Grundlage für komplexe Unternehmungen wie Alpenüberquerungen mit dem Rad.